Wo der Hai kreist und die Korallen leuchten

Zu Besuch im Karlsruher Naturkundemuseum

tiefer eintauchen

Stephanie

Wachsam zieht der Schwarzspitzenriffhai „Kalli“ seine Kreise im Karlsruher Naturkundemuseum. Denn gerade hängt seine Tagesportion Calamari an einer langen Zange von oben ins Becken. Rundherum wimmelt es nur so von bunten kleinen Fischen, die ihm frech sein Essen wegschnappen wollen. Doch da beißt er schon zu. Mit dem gemachten Fang im Mund schwimmt Kalli davon. Und alle Fische hinterher. „Falls er was verliert“, schmunzelt Johann Kirchhauser, Referatsleiter des Karlsruher Vivariums im Naturkundemuseum. 

Gesundheitspolizist Kalli bekommt Verstärkung

Die kleinen Fischchen müssen jetzt sogar vor zwei Haien Abstand halten. Eine noch nicht namentlich benannte Haidame unterstützt den Gesundheitspolizisten Kalli beim Ordnunghalten seines Aquariums. Die beiden Haie können dort aber nicht auf die Japanischen Kompassquallen treffen, denn der Quallenzuwachs lebt im artgerechten Quallenkreisel.  

Haie sind die Gesundheitspolizei der Natur

Doch warum frisst der Hai nicht die Fische, die um ihn herum im Aquarium schwimmen? Ganz einfach: Die gesunden Fische sind zu flink für Kalli. Außerdem bemerken sie genau, wann er hungrig ist und auf Jagd geht. Je nach Laune des Schwarzspitzenriffhais halten sie einen gewissen Sicherheitsabstand – oder eben nicht. „Haie sind in der Natur die Gesundheitspolizei. Sie fressen normalerweise nur kranke und altersschwache Fische“, erklärt Kirchhauser.

Interview mit Johann Kirchhauser vom Naturkundemuseum Karlsruhe

Johann Kirchhauser hat sein Hobby zum Beruf gemacht. Das merkt jeder Besucher. Stundenlang könnte er vor einem einzigen Aquarium stehen, mit Informationen, Geschichten und Anekdoten zu den Tieren und dem Museumsalltag. „Ich bin ein Meerwasserfuzzi“, beschreibt er sich selbst. Während er die Gäste durch sein Vivarium führt, trägt er ein schwarzes T-Shirt. Und was ist darauf zu sehen: Natürlich Fische, genauer gesagt: Sardinen.

Johann Kirchhauser führt durch die Ausstellung

Schwarzspitzenriffhai "Kalli"

Korallen züchten, Aquarien säubern, Wasserqualität prüfen,...

Der Film „Nachts im Museum“ ist bei Herrn Kirchhauser quasi Alltag. Denn wenn sich die Besucher mit vielen neuen Eindrücken auf den Heimweg begeben, ist sein Arbeitstag noch lange nicht zu Ende. Alles muss in Ordnung sein, die Aquarien begutachtet und gesäubert. „Meine Frau hat mir allerdings verboten im Haiaquarium zu tauchen, wenn keiner mehr da ist“, gesteht er. Denn selbst davor würde er nicht zurückschrecken. Ins 25 Grad warme Haifischbecken darf er also nur in Begleitung.

Kirchhauser braucht sein enormes Wissen täglich. Denn das Vivarium beherbergt übrigens Deutschlands größtes Korallenriff. „Die lebenden Korallen haben wir fast alle selbst gezüchtet“, so Kirchhauser. Dafür braucht es besondere Bedingungen: „Wir haben hier eine sehr hohe Wasserqualität, viel besser, als das, was die Trinkwasserordnung für Menschen erlaubt. Ebenso wichtig ist viel Licht und das restliche Geheimnis liegt in der Strömung und einem liebevollen Umsorgen der Korallen.“ Dafür ist Kirchhauser höchstpersönlich zuständig. „Das ist die Herausforderung meines Lebens“, gibt er zu. 

Bunte Korallen

Leuchtende Korallen im Vivarium

Voller Einsatz für die Meerestiere

Doch auch die anderen Lebewesen im Vivarium liegen dem Biologen am Herzen. Manche der Tiere hat er sogar nach seinen eigenen Kindern benannt. Die Krake zum Beispiel heißt Vinci – nach seinem Sohn Vincent.

Neben der „Stammbelegschaft“ nimmt das Vivarium immer wieder auch Tiere von Privatpersonen oder von Händlern auf, wie die Netzmuräne Maurice. „Ein Zoohändler hat ihn uns geschenkt, weil er bei ihm alle Fische weggegessen hat.“ Im Karlsruher Vivarium hat Maurice aber seinen Platz gefunden. Noch ist er nicht ausgewachsen. Netzmuränen werden bis zu zwei Meter lang. Die ständig wechselnden Tierbestände und das rasche Wachstum vom Baby zum Erwachsenen verlangen eine immer wieder neue Ordnung der Aquarien, Paledarien und Terrarien. So bekommt auch Maurice bald ein neues Zuhause, in dem er mehr Platz hat. Für die Gäste hat das natürlich den Vorteil, dass sie jedes Mal etwas Neues sehen und erleben.

Die Muräne Maurice

Nemo ist auch dabei

Die Besonderheit: Kombination aus lebendigen Tieren und musealen Elementen

Ein Teil der Erfolgsgeschichte des Naturkundemuseums ist die einzigartige Kombination musealer Elemente mit lebenden Tieren. Die neue Dauerausstellung „Form und Funktion – Vorbild Natur“ im Westflügel zeigt auf rund 800 Quadratmetern Ausstellungsfläche, welche Strategien Tiere, Pflanzen und Pilze für die vielfältigen Herausforderungen des Lebens entwickelt haben. Der Schwerpunkt liegt auf den biologischen Vorbildern, die lebend in modernen Schaubecken, als präparierte Museumsobjekte oder in Modellform präsentiert werden. So zeigen beispielsweise die Quallen ihren seit Jahrmillionen erfolgreichen Bauplan während nur ein paar Meter weiter das riesige Skelett eines Nordkaperwals von der Decke hängt.

Johann Kirchhauser hofft, noch mehr Eltern, Großeltern und Kinder mit seiner Begeisterung anzustecken – Weg von den Smartphones, Tablets und den Monitoren, hin zu einem echten Erlebnis!

Das Skelett eines Nordkaperwals

Querschnitt eines uralten Mammutbaumes